Warum private Webseiten eher nicht von professionellen Webdesignern erstellt werden sollten

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In diesem Artikel möchte ich darüber schreiben, warum professionelle Webdesigner wie ich nicht für private Webseiten beauftragt werden sollten.

Im Bereich des Webdesign klafft eine große Lücke zwischen Anspruch und dem finanziell Machbaren. In der Mehrzahl der Fälle verfolgen private Webseitenbetreiber keine Gewinnerzielungsabsicht. Ich rede hierbei nicht von Personen, die ihren Fashion- oder Travelblog früher oder später monetarisieren wollen. Hier geht es um Leute, die ihren Webauftritt noch aus Spaß an der Freude betreiben und über Nischenthemen berichten. Der Enthusiasmus überwiegt eindeutig und die Inhalte liegen ihnen persönlich am Herzen. Ich persönlich finde es schön, dass da draußen im Internet noch nicht alles dem Kommerz unterworfen ist und man hin und wieder auf so eine Perle stößt.

Aber ich sehe auch das Problem, wenn ein professioneller Webdesigner so ein Hobbyprojekt als Webseite umsetzen oder überarbeiten soll.
Wir sind es gewohnt, dass Geschäftsleute und Unternehmer uns beauftragen, Webseiten zu erstellen, die ganz klaren Zielsetzungen unterworfen sind.

  • Die Sichtbarkeit verbessern
  • mehr Besucher und/oder Käufer anziehen
  • oder einen Newsletter aufbauen
  • usw.

Auftraggeber und Webentwickler teilen also das gleiche Verständnis hinsichtlich des zu erzielenden Ergebnisses. Der Designer weiß also, dass er z.B. eine Schriftart nicht einfach mal eben so ändert. Alles folgt einem Gedanken und Zweck. Halbe Sachen sind dabei nur kontraproduktiv. Man kann ja auch eine Webseite nicht nur zur Hälfte überarbeiten. Wo immer wir ein Problem identifizieren, versuchen wir es zu lösen. Und zwar gut zu lösen. Ich zum Beispiel kann nicht nur ein Layout-Anpassung vornehmen, wenn nebenher das Impressum fehlerhaft ist. Wenn man es ernst nimmt – was nicht heißen soll, dass Privatmenschen ihre Projekte nicht wichtig sind – steckt viel Arbeit drin. Arbeit, die dann auch gutes Geld kostet. Aber das zahlt sich für den Betreiber auch wieder aus, weshalb Ausgaben für ihn keine schmerzlichen „Verluste“ sind, sondern sinnvolle „Investitionen“.
Private Webseitenbetreiber befinden sich von der Motivation her auf einer ganz anderen Ebene. Oftmals soll an einer Webseite nur hier und da etwas geändert werden, damit es beispielsweise „schöner aussieht“ oder das Formular endlich wieder funktioniert. Ich als Webentwickler lasse etwas natürlich nicht grundlos einfach nur schöner aussehen. Meine Zielsetzung dabei ist dem Webseitenbetreiber aber vielleicht gar nicht so wichtig, weil er eben keine Produktverkäufe oder höhere Besucherzahlen anstrebt. Also kommen ihm mein Ansatz und meine Ideen vor wie die sprichwörtlichen Kanonen, mit denen man auf Spatzen schießt. Vom Geld ganz zu schweigen.
Natürlich ist auch ein Hobby nicht umsonst, aber Privatmenschen investieren eher in Form von Zeit und Aufwand als in Geld. Zeit und Kraft sind gefühlte Größen – Geld ist eine sehr konkrete Größe. Würde ich die Arbeit, die ich in eine Hobby-Webseite wie Reiseziel Hiddensee gesteckt habe, in bezahlte Stunden umrechnen – der Schreck würde groß sein. Die Hürde, für ein privates Vergnügen mit einem Mal „viel“ Geld auszugeben (indem man einen Profi anheuert), ist dann für viele private Webseitentreiber einfach zu groß. Verständlich, denn nur die wenigsten rechnen im Kopf um, was sie ihr Hobby bisher wirklich gekostet hat.

Selbst wenn der Webseitenbetreiber dasselbe Verständnis vom Ergebnis haben sollte wie der beauftragte Profi – die Seite wird, sofern sie den Charakter einer Hobbyseite nicht verlässt, in den seltensten Fällen den Preis rechtfertigen, den der Designer verlangen wird. Hier treffen die Welt der Herzenssache und die des kalten Kommerz aufeinander und finden nicht zueinander. Können das auch gar nicht. Beide Seiten fühlen sich irgendwie vor den Kopf gestoßen, obwohl niemand etwas dafür kann. Das ist ganz wichtig zu begreifen. Die sogenannten Experten, die einem dann noch Sand für die Sahara oder Kühlschränke nach Grönland verkaufen wollen, klammern wir hierbei einmal aus.

Was ist die Konsequenz?

Ich muss sehr oft solche Anfragen abschlägig beantworten. Es bringt weder mir noch für sie als Kunden etwas, wenn wir nicht auf derselben Seite sind. Ich respektiere den Charakter des Auftrages und der persönlichen Bindung des Auftraggebers, muss aber letztlich auch entscheiden, ob man als Dienstleister zum Projekt passt. Ein Ferrari Cabrio wird auch nicht das optimale Auto sein, wenn man nur einen Taxidienst betreiben möchte.

Wie kommt man jetzt aus dem Dilemma?

Großes Glück ist es für den Auftraggeber, wenn er auf einen Entwickler trifft, der sich für das inhaltliche Thema ebenso begeistern kann und sein Honorar entsprechend anpasst. Bei Tierheimen oder gemeinnützigen Initiativen und Spendenkampagnen besteht immer eine ganz gute Chance. Den Inhabern privater Webseiten ohne Geld verdienen kann ich sonst raten, sich selbst einzuarbeiten. Wenn man sich die nötige Zeit lässt und nicht unter Druck setzt, kann man daraus eine Menge Spaß ziehen und man lernt wieder etwas hinzu. Keine Sorge, niemand erwartet, dass so eine Webseite perfekt und nach 1 Million Dollar aussieht. Wenn das allerdings euer ganz persönlicher Anspruch sein sollte, nehmt etwas Druck aus dem Kessel und entspannt euch.

Bitte beachten Sie: die Informationen in diesem Artikel wurden zum Zeitpunkt seiner Erstellung nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen, aufbereit und niedergeschrieben.
Diese können heute, abhängig vom Zeitpunkt der Veröffentlichung und des behandelnden Themas, überholt und ungültig sein.
Es obliegt den Lesern, diese Inhalte mit dem aktuellen Wissensstand abzugleichen.

Artikel online seit: 1 Jahr 3 Monaten 22 Tagen
Letzte Änderung: 01.08.2023

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