Das Prinzip Selbermachen oder auch „der Sohn des Nachbarn“

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Mich erreichen viele Anfragen, in denen der Kunde erkennen lässt, dass er selbst gern zuarbeiten möchte.

Im Prinzip begrüße ich das und fordere es in vielen Fällen sogar ein (gewisse Mitwirkungspflicht des Kunden ist unabedingbar). Aber oftmals schießt dieses „Arbeit abnehmen“ über das normale und das der Aufgabe zuträgliche Maß hinaus. Das hat viele Ursache und Beweggründe, die ich hier aber nicht erörtern werde. Genauso wenig werde ich hier darlegen, weshalb diese Art von „Arbeitsteilung“ paradoxerweise zu einem höheren Aufwand (ergo gestiegenen Kosten) führt. Hier könnt ihr einfach meinem Erfahrungsschatz glauben oder im Kollegenkreis nachfragen.

Ich erstelle oder repariere Webseiten bzw. löse Probleme und suche nach Lösungen. Damit ist für gewöhnlich kein „Lehrauftrag“ verbunden. Ich werde meinen Kundinnen und Kunden also nicht nebenher eine Einführung in die Tiefen des Webdesigns angedeihen lassen. Das ist nicht meine Aufgabe. Dafür gibt es spezialisierte Schulungsanbieter oder Webinare sowie Do it yourself Videos. Wenn Sie sich vom Möbeltischler einen Wandschrank anfertigen lassen, stehen Sie auch nicht jede Minute neben der Hobelbank und lassen sich alles ganz genau zeigen, damit Sie Ihr nächstes Möbel selbst fertigen können.
Ein Auftraggeber wollte einmal, dass ich während der Überarbeitung seiner Webseiten die ganze Zeit (unter Aufsicht) in seinem Büro arbeite. Ich weiß, dass das die Traumvorstellung vieler Kunden ist – kurze Kommunikationswege und permanente Verfügbarkeit (und bei Arbeiten vor Ort wie Rechnertest, Netzwerkaufbau und Strategiebesprechungen ist das auch notwendig), aber glauben Sie mir: darunter leidet im Allgemeinen die Arbeit, weil diese Konstellation immer für Ablenkungen und Unterbrechungen sorgt.

Webseiten für lau?

Jeder kennt jemanden, der wiederum jemanden kennt … der sich irgendwie mit Computern beschäftigt. Falls Sie gerade auch den sprichwörtlichen Neffen, Sohn des Nachbarn oder Bekannten denken mussten – Bingo.
Aber: Ich bin weder Ihr Neffe, noch der gute Bekannte, der Ihnen eine Webseite mal eben so für 100 € und einen Kasten Bier an einem Wochenende aufsetzt. Es ist auch weder mein Hobby, noch meine Freizeitbeschäftigung, der ich ehrenamtlich in den Abendstunden nachgehe. In meinen Webseiten stecken viel Arbeit, über die Jahre hart erarbeitetes Wissen und mühsam gesammelte Erfahrungen – Ich kann vor allem möchte das nicht zum Unkostenpreis oder gar für lau anbieten. Über Tauschgeschäfte oder Kooperationen unter Kollegen kann man reden, aber ich versichere Ihnen: so viele Hochzeitsbilder oder Tätowierungen benötige ich dann doch nicht.

Kleiner Tipp auch an die Kunden

Mein Tipp richtet sich hierbei vor allem an die Akteure, bei die alles für möglichst umsonst haben wollen. Mit den anderen einigt man sich meistens auf ein gemeinsames Vorgehen und Arbeitsabläufe – was da sehr hilfreich ist: sich in die Lage des Anderen zu versetzen.
Also: mir ist bewusst, dass man zu Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit oder auch eines Hobbies (!) nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung hat, um große Sprünge zu machen. Auch Zwerge haben klein angefangen. Aber dann muss ich eben auch akzeptieren, dass ich als Taxiunternehmer mit einem 15 Jahre alten VW Passat einsteige und mich dann irgendwann zum brandneuen Daimler hocharbeite. Der Anschaffungspreis ändert sich nicht, nur weil ich gerade das Geld für den Daimler nicht habe. Da kann der Autohändler herzlich wenig für und er wird sich auch nicht davon beeindrucken lassen, wenn man ihm erzählt, dass der Autoschrauber nebenan für viel weniger Geld eine alte Schrottkarre aufmöbelt, die dem gewünschten Daimler beinahe ebenbürtig ist.
Was dann eben auch bedeutet: Unternehmerischer Erfolg ist nicht gottgegeben oder verbrieftes Anrecht. Schon gar nicht, wenn man dem Mindset verhaftet ist, das behauptet, unendlich hoher Profit bei minimalen Investitionen ist möglich oder gar die Regel.

Daher: einfach mal in das Gedankenspiel eintauchen und die Position des Gegenüber einnehmen. Sich fragen, wie man als Unternehmer reagieren würde, wenn der Interessent ein Produkt oder eine Leistung mit dem Hinweis auf den „guten Bekannten“ (der das ja auch könnte) abwertet.

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Artikel online seit: 3 Jahren 11 Monaten 11 Tagen
Letzte Änderung: 12.03.2020

2 Gedanken zu „Das Prinzip Selbermachen oder auch „der Sohn des Nachbarn““

  1. Ha, die Vergleiche mit dem Möbelbauer und Taxifahrer… wie treffend! Sehr schön. Da passt doch auch bestens die Preisliste hin, die ich im Web gesehen habe. Sinngemäss heisst es da:
    Ich mache die Website für Sie: € 2000
    Ich mache sie, Sie schauen zu: € 3000
    Sie machens‘, ich sehe zu: € 4000
    Ich zeige Ihnen, wie’s geht: € 5000
    Sie machen’s, ich erledige, was Sie nicht können: € 6000

    So oder ähnlich…

  2. Vielen Dank für den Beitrag.

    Solche Unterhaltungen kennt wohl jeder, der dem Kunden ein Angebot überreicht hat und selbst dann, wenn man knapp kalkuliert hat, um den Zuschlag zu bekommen. Letztendlich muss man selbst davon auch leben können und es sollte fair bleiben. Wenn man für das Erstellen einer Webseite drei Tage braucht, dann kann die Seite nicht 300 EUR kosten.

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