Wie man das Image einer WarnApp nachhaltig beschädigt

Veröffentlicht am:

Beinahe jeder hat es mitbekommen: die öffentliche Corona WarnApp weist technische Unzulänglichkeiten auf. Ich möchte hier mal nicht von Fehlern sprechen, denn das würde das Konzept arg strapazieren.

Diese Unzulänglichkeiten bestehen in der nicht automatisierten Hintergrundaktualisierung besonders bei älteren IPhone Modellen. Abhilfe sollen ein bereits veröffentlichtes und ein noch zu erwartendes Update schaffen. Bis dahin kann man auf Nummer Sicher gehen und die WarnApp täglich einmal beenden und neu starten. ich erachte das nicht unbedingt als Fehler, aber es dürfte eleganter zu lösen sein.

Was mich aus Sicht der Unternehmenskommunikation wahnsinnig stört ist das aktuelle Krisenmanagement der Entwickler und die mißlungene Bewerbung der App im Vorfeld.

Wie nun herauskam, waren die Probleme mit der Hintergrundaktualisierung doch schon seit längerem bekannt, wurden offensichtlich aber als vernachlässigbar eingestuft. Nachlässigkeit in Zeiten einer Pandemie, dazu muss ich nicht viel sagen. Auch um Aufklärung oder eine glaubwürdige Entschuldigung ist man anscheinend nicht so wirklich bemüht. Es wird ein Update hinterhergeschoben und die weitere Arbeit am „strukturellen Problem“ den Damen und Herren von Apple aufgedrückt. Das kann ja aus technischer Sicht so stimmen und richtig sein, aber wie das kommuniziert wird ist ein Graus. Für den Anwender klingt das nach: sie haben sich doch für ein älteres Gerät dieser Firma entschieden, dann müssen sie jetzt eben warten, bis diese Firma ihre Technik in den Griff bekommt.
Besser wäre: Wir arbeiten mit den Software-Ingenieuren der Firma Apple mit Hochdruck daran, das Fehlverhalten unserer App auf einigen Geräten dieses Herstellers abzustellen.

Der zweite Punkt der Ärgernis ist das gutsherrliche Verhalten in der Kommunikation zur Einführung und Bewerbung der WarnApp. Hier wäre nicht nur der Hersteller gefragt gewesen, sondern vor allem die Bundesregierung, die diese App zum Corona-Epidemie-Allheilmittel aufgeblasen hat, aber die bei den Anwendern herrschenden grundlegendsten Befürchtungen nicht Ernst nahm oder zerstreute. Das drückt sich auch in der bisher eher verhaltenen Nutzung der WarnApp aus. Bisher sollen sich nur rund 16 Millionen Bundesbürger die App installiert haben – wobei das schon beachtlich ist, aber angesichts der Bedrohungslage und der Gralsgleichen Wirkung, die man diesem Stück Software zugeschrieben hat, eine eher durchwachsene Performance.
Die meisten mir bekannten Leute, die sich das nicht auf ihrem Smartphone installiert haben, tuen dies aus Angst vor Überwachung. Ja, mag absurd klingen – vor allem wenn man die vielen WhatsApp und Facebook Messanger Nutzer darunter sieht – aber so ist es eben. Ängste, Sorgen und Vorurteile sind selten rational. Nach allem was ich durch „unabhängige Sicherheitsexperten“ weiß, ist die Arbeitsweise dieser App in puncto Sicherheit qualitativ deutlich besser zu bewerten also so manche vorinstallierte Anwendung. Wir reden da auch nicht von den Impfgegnern, Esoterikern oder „Bill Gates will uns alle versklaven“ Attila Hildmann Jüngern (die sind ohnehin für nichts empfänglich: seien es Masken, Impfungen oder Kontaktbeschränkungen).
Es wäre sehr wahrscheinlich etwas anders gewesen, wenn das Konsortium diese App auf eigenes wirtschaftliches Risiko hätte vertreiben müssen. Dann hätte man sich mehr um die Anwender, sprich Käufer, mehr bemühen müssen. Den Nutzen besser darstellen und den Datenschutz hervorheben. Auch die nachträglich aufgetretenen Unzulänglichkeiten wären schneller adressiert und behoben gewesen. Aber leider haben die Verantwortlichen ihr Geld bereits erhalten, unabhängig vom „Erfolg“ ihres Produktes. Und das selbst dann, wenn es nur ein Bürger auf seinem Smartphone nutzen würde.

Ich weiß nicht, weshalb man den ramponierten Ruf der WarnApp einfach so in Kauf nimmt. Ist das Konsortium verstimmt gewesen, weil man sie nicht von Anfang an ins Boot holen wollte? Sind solche großen Konzerne mittlerweile zur Kommunikation und zum Marketing unfähig? Eben weil sie zu groß sind und sich nicht bemühen müssen?

Die Antwort ist jetzt auch ein wenig zweitrangig, da das Image der WarnApp beschädigt und das Vertrauen flötengegangen ist. Ich persönlich werde auch erst einmal abwarten, wie sich die Sache entwickelt, bevor ich mir das aufs Smartphone hole. Bei mir sind es aber noch andere ungeklärte Fragen, die der Einsatz der WarnApp aufwirft. Erstens: was habe ich überhaupt davon, dass mir diese App mitteilt, dass ich vor 10 Tagen in der Nähe eines Menschen war, der sich nachweislich als Corona-infiziert erwiesen hat? Was folgt aus dieser Erkenntnis? Kann ich mit dieser App-Meldung zum Hausarzt gehen und einen Corona-Test verlangen? Wie ist das abrechnungstechnisch geregelt? Es wohnen nun mal nicht alle Bürger im Bayernlande, wo wild drauflos getestet wird.
Wir laufen ohnehin in die zweite Welle, weil Abstand halten und Kontaktbeschränkungen weitaus effektiver sind als Handy-Apps, aber sich immer weniger Menschen dafür motivieren können.

Die Corona WarnApp wäre bei der Pandemie-Bekämpfung ein wichtiger Baustein gewesen, aber einmal aufgebrauchtes Vertrauen ist schwer zu ersetzen.

Bitte beachten Sie: die Informationen in diesem Artikel wurden zum Zeitpunkt seiner Erstellung nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen, aufbereit und niedergeschrieben.
Diese können heute, abhängig vom Zeitpunkt der Veröffentlichung und des behandelnden Themas, überholt und ungültig sein.
Es obliegt den Lesern, diese Inhalte mit dem aktuellen Wissensstand abzugleichen.

Artikel online seit: 4 Jahren 3 Monaten 29 Tagen
Letzte Änderung: 29.07.2020