DSGVO IV – Das Versagen von Gesetzgeber und Regierung

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Seit diesem Tag ist die „Schonfrist“ (Übergangsphase) der Datenschutzgrundverordnung abgelaufen und die DSGVO vollends in Kraft getreten.
Besonders in Deutschland wurde und wird eine Panik geschoben, die anderswo in Europa (es ist ja ein EU weit geltendes Gesetz) so nicht festzustellen ist. Und dabei gelten hier dieselben Spielregeln der Verordnung wie in Spanien, Österreich oder Schweden. Nur hier in Deutschland grassiert eine viel schlimmere Seuche: die Abmahnindustrie.

Nicht nur die völlige Teilnahmslosigkeit der Bundesregierung und der zuständigen Behörden zur DSGVO Einführung und -kommunikation ist ein Trauerspiel – das hätten wir ja noch auf einer Arschbacke abgesessen – vor allem das Gewährenlassen dieses Berufszweiges, der nichts zum Bruttosozialprodukt beiträgt aber gern und ausschließlich dasselbe (von anderen Marktteilnehmern) erzeugte abschöpft – das macht traurig und wütend zugleich. Aber klar, wo solchen Wildwüchsen Raum zur Entfaltung gegeben wird, da wird dieser Raum dann eben ausgenutzt. Das kenne ich als Gärtner nur zu gut.

Diesen ganzen Hype um eine Verordnung, die eigentlich das Richtige will, aber in Bürokratismus und Realitätsferne ertrinken wird – der hätte nicht sein müssen. Unsere Regierung hätte nicht so tun müssen, als ob sie mit der DSGVO nichts am Hut hat und die zuständigen Ämter und Behörden hätten die vielen „Betroffenen“ (ob groß oder klein) an die Hand nehmen und ihnen zeigen können, wie dieses Anwaltsdeutsch technisch und strukturell umzusetzen ist. Es ist ja nicht so, dass der kleine Blogger von Nebenan gegen Datenschutz an sich ist. Nur so, wie ihm jetzt die DSGVO vor den Latz geknallt wird, inklusive Drohkulisse und ungestörte Panikmache von den üblichen Kriegsgewinnlern, da entwickelt sich „Datenschutz“ zum Hasswort. Fast ausnahmslos Jeder versucht die DSGVO umzusetzen, weil er es muss und nicht, weil er es will. Und wenn man dann noch sieht, wie ein Datenschutzsünder aus dem Buche, Mister „Sugarmountain“ von Facebook vor dem EU Parlament und vom selbigen relativ unbehelligt seine Show abzieht, aber dem Webseitenbetreiber des Dackelzüchterdachverbandes die Muffe geht, weil er nicht weiß, ob seine Kommentarbox jetzt auch noch eine Checkbox braucht oder nicht – da geht einem doch das Messer in der Hose hoch. Wer soll da diese Verordnung als einen Segen ansehen?

Zwei der offensichtlich mit der Erarbeitung dieser Gesetzesgrundlage betrauten haben in den letzten Wochen Interviews gegeben und versucht zu beschwichtigen. Das sei alles nicht so schlimm und die Dame verstieg sich sogar zu der Aussage, selbst sie könne die Regeln in Nullkommanichts umsetzen. Ja bitteschön, dann mal ran. Ich habe so einige Kunden, die in dieser Angelegenheit wie der Ochs vorm Tor stehen. Einmal DSGVO umsetzen für 50 € bitte. Dann nehme ich dafür 100 € vom Kunden und halte von da an meine Klappe. Aber so wird es leider nicht kommen. Die Damen und Herren Verursacher sind fein raus. Haben ihre Arbeit getan und den Lindwurm einfach auf die Menschheit losgelassen. Sollen die doch sehen, wie sie damit klarkommen.

Ich hätte mir vor 2 Jahren, zur Einführung der DSGVO, gewünscht, dass sich jemand von den Verantwortlichen geäußert hätte, wie denn das zuvor Erdachte an die Realität anzupassen ist. Meinetwegen als koordinierte Informationskampagne des Bundesministerium des Innern zusammen mit den Datenschutzbehörden. Leitfaden erstellen, Ablaufpläne, Mustervorlagen zum Download anbieten. Stattdessen schießen jetzt „Datenschutzexperten“ und „Dienstleister“ wie Pilze aus dem Boden, die einem zum Teil für viele hundert Euros heiße Luft in Dosen verkaufen. Neulich las ich bei einem Datenschutzexperten einen Stundensatz von 800 € für Nicht-Bestandskunden. Ich will nicht urteilen, ob der Mann sein Geld wert ist oder nicht (ganz ehrlich, ich gönne es ihm) – ich will nur zeigen, wohin das Fehlen von Kommunikation unserer Oberen geführt hat. Stattdessen muss man sich alles stückchenweise von den verschiedenen Datenschutzämtern und -behörden der Länder, einigen Branchenverbänden und Rechtsanwälten zusammensuchen. Mittlerweile ist man ja heilfroh, dass sich überhaupt jemand kümmert. Auch wenn es nicht unbedingt die sind, die es sein sollten.
Und wenn eine derzeitige Technologie den Datenschutz von EUs Gnaden nicht zulässt, dann könnte man andere Technologien entwickeln lassen, mit denen das geht. Wir haben doch hier so eine tolle Forschungslandschaft und der Bund einen ausgeglichenen Haushalt.

Es treibt mich um, dass das alles nicht geht. Nicht gehen soll. Regine Hildebrandt hätte dafür einen passenden, schnoddrigen Spruch gehabt. Aber von unserer Staatsministerin des Digitalen, Dorothee Bär, ist sowas nicht zu erwarten. Wahrscheinlich bis über beide Ohren in Arbeit versunken. Flugtaxis und so. Klingt polemisch? Ja, na und?

Leute, versteht mal. Ich bringe Webseiten ins Netz. Damit bin ich voll ausgelastet. Ich habe kein Jura-Studium absolviert, mich nerven diese Texte und Formulierungen im unverständlichen Beamtendeutsch. Wenn ihr mir da Zeit und Nerven raubt, indem ihr so ein Bürokratiemonstrum unkommuniziert auf mich und andere loslasst, passiert genau das Gegenteil, was man erreichen wollte. Und mit dieser DSGVO-Luftnummer habt iuhr genau das erreicht.

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Artikel online seit: 6 Jahren 6 Monaten 1 Tag
Letzte Änderung: 12.03.2020