Alle auf den Schuhbeck

Warum Sternekoch Alfons Schuhbeck statt Hüttengaudi den Supergau(di) hat.

Im Moment kriegt es der „Fonsi“ ja ganz dicke. Er, der Gesundheitsapostel und Gewürzepapst, hat sich in die Fänge der Werbestrategen von McDonalds begeben und wirbt jetzt gemeinsam mit dem Hoeneß-Uli (Wurstfabrikant und Hobbyfussballer) für den Hüttengaudi.

Im Netz fragt man sich entsetzt: ja darf der denn das?
Gut, die meisten Blogger haben für sich die Frage bereits beantwortet und schütten nun Kübelweise Verachtung über den Mann aus.

Zugegeben, im Flagschiff der Suppenschmiede und Tellerjongleure („Lanz kocht“ im ZDF) finde ich ihn seit langem nicht mehr unterhaltsam, sondern nur noch nervig. Aber solange er die Zuschauer bei der Sendung hält (nicht alle haben so eine niedrige Schmerzgrenze wie ich), wird das ZDF ihn nicht gehen lassen.

Abgesehen von seiner arroganten Art, Kollegen zu kritisieren und schulmeisterlich zu maßregeln bin ich auch nicht gerade von den vielen Märchen begeistert, die er über Gewürze und Kräuter verbreitet. Das betrifft jetzt nicht das allgemeine Engagement für eine Küche, die mehr als nur Pfeffer, Salz und Majoran kennt. Das halte ich sogar für sehr löblich. Aber dieser Unsinn, mit irgendwelchen Zahlen herumzuwerfen, die den Eindruck erwecken, das wäre wissenschaftlich bestätigt und für alle Zeit gültig – den sollte er besser lassen. Gewürze können positive Wirkungen auf den Körper haben, aber sie sind kein Allheilmittel für andere kulinarische Vergehen.

Seine Motivation ist mir da klar. Er betreibt nicht umsonst einen Gewürzladen (bzw. mehrere) in München. Die Leute sollen denken, der Ingwer und der Kardamom vom Schuhbeck sind besonders gut und helfen ganz besonders gegen dieses und jenes Zipperlein. Hat er ja in x-Sendungen gesagt.
Das ist sehr gut gemachtes Cross-Marketing von ihm. Er nutzt alle ihm zur Verfügung stehenden Medienkanäle aus.
Und, dass sollte man den Kritikern mal sagen, er ist ein Geschäftsmann. Ein Geschäftsmann, der sich als Marke etabliert hat und nebenbei kocht.

Nun also auch noch McDonalds. Der Aufschrei war schon sehr groß. Ein Sternekoch und die vielgescholtene aber dennoch erfolgreiche Frittenbude. Als ob ein Spitzenkoch selbst auch nur getrüffelte Leberpastete zum Abendbrot futtert.
Ich denke, das Problem liegt darin, dass die Leute in diesen Spitzenköchen so eine Art Küchenheilige sehen. Sankt Schuhbeck, wie er mit einem gütigen Gesichtsausdruck durch seine Küche schwebt und alle Menschen durch a bisserl Vanille und oan Hauch Chilli heilt. Das ist natürlich Unsinn. Küchenchef eines Edelrestaurants zu sein, ist ein Knochenjob. Warum drängen denn viele Köche mit noch mehr Kochbüchern auf den Markt, oder hängen in TV-Kochshows herum? Wer eine Gelegenheit zum Entkommen sieht, ergreift doch die Chance. Kauft sich sebst ein Restauranthotel, macht einen Ersatzmann zum Chef der Küchenbrigade und reist als Experte durch die Medienlandschaft. Wie sollte es denn beim Lafer und der Stromburg sonst funktionieren.
Köche haben immer mit ihrem Ruf geworben, sie tun es und sie werden es immer tun.

Dass sich der Schuhbeck nun einen Laden wie McDonalds ausgesucht hat, mag viele enttäuschen, aber es ist auch nur konsequent und logisch. Wer anders hätte denn das Geld gehabt, jemanden von der Popularität eines Schuhbeck zu holen? Leuten verkaufen sich für Geld, das ist doch nicht neu.
Dass er für ein eigentlich genauso unpopuläres Unternehmen wie die Deutsche Bahn seinen guten Namen hergegeben hat, haben ihm wohl viele verziehen oder es gar nicht mitbekommen. Auch die schon uralte Werbung für Herta Fleischwurst besitzt bei weitem nicht das Empörungspotential wie der Deal mit der Burgerbude. Und dann fangen die Leute an zu rechnen, Kalorien zu zählen und wenn alles nichts hilft, den geringen Lohn eines Bulettenbraters in die moralische Wagschale zu werfen.

Liebe Leute, wann habt Ihr Euer letztes Wienerle von Wiesenhof verputzt oder an den DFB geschrieben, damit die Kinder nicht durch die Nutellawerbung beeinflußt werden?

McDonalds mag jetzt nicht jedermanns Gourmettempel sein. Ich persönlich lasse mich da zum Beispiel gar nicht sehen, da ich für zwischendruch den Asiaten vorziehe und damals in den USA in anderen Burgerrestaurants (die hier völlig unbekannt sind) weitaus leckere, größere und bessere Burger und Fritten gegessen habe – von McD also nicht überzeugt bin.
Und sicher gibt es da auch unternehmenstechnisch einiges zu kritisieren.
Aber McDonalds ist auch jetzt nicht der Unternehmen gewordene Teufel. Da gibt es weit schlimmeres. Sich aber nun aufzuregen, als hätte Fonsi jetzt einen Pakt mit dem Leibhaftigen geschlossen, das ist schon wirklich albern. Ich denke, dass ist dieses deutsche Ding mit dem Neid und dem Gönnen. Da muss der Schuhbeck aber wirklich hart gearbeitet haben, bei der Menge an Neid, die er sich verdient hat. Aber die ganzen Neunmalgescheiten und Sich-Selbst-noch-in-die-Augen-Seher, ja die würden natürlich nie für Deutsche Bahn und McDonalds und …
Ja ihr Würstchen, weil Euch und auch mich keiner kennt, geschweige fragt!

Es soll dort essen gehen, wer will. Es soll dort werben, wer will (oder muss). Ein jeder ist doch selbst für die Konsequenzen verantwortlich.

Und der Herr Schuhbeck hat in keinem der Werbespost behauptet, wie gesund das doch sei und dass man sich bei McDonalds ausgewogen und vollwertig ernähren kann. Weiterhin bin ich überzeugt davon, dass man in seinen Restaurants auch trotz Brugerwerbung vom Chef gut essen kann. es besteht also kein Anlass, ihm Kochhauben, Kochlöffel oder Küchensterne zu entziehen. Die wurden nämlich für die Leistung und den Eindruck vor Ort verliehen und nicht für die Qualität von Werbespots.

Dann hier noch einmal eine Auswahl von Blog- oder Zeitungsartikeln, die sich mit der Causa Schuhbeck und dem McDonald’s-Gate befassen:

11 Gedanken zu „Alle auf den Schuhbeck“

  1. Das kann man sicher auch so sehen wie Du das oben geschrieben hast.
    Ob das langfristig der Reputation Schuhbecks nicht doch schadet, wird sich herausstellen.
    Vielleicht kennt die Masse der McDonalds-Besucher Schuhbeck gar nicht, und umgekehrt nehmen die Leute die zu Schuhbeck ins Restaurant gehen die Werbung nicht wahr?
    Mein Beitrag dazu ist der Nachruf auf seine Reputation. Siehe:
    https://bit.ly/rqbStl

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    • Hallo Herr Spandl,

      ja, die Gefahr besteht immer, dass sich McD verkalkuliert hat und der gewöhnliche Burgerkunde gar nicht weiß, wer dieser rundliche jovial wirkende Herr neben dem Bayern-Hoeness ist. Vielleicht fallen viele auch aus allen Wolken, wenn sie erfahren, dass der Uli Wurstfabrikant ist (und dazu auch noch Nürnberger Bratwürstel! Im fränkischen Ausland sozusagen!).

      Da könnten Sie recht haben, dass die Auswirkungen eher langfristig abzusehen sind.
      Ansonsten haben Sie einen sehr schönen Nachruf verfasst. Bei den Gedenkenden fehlen noch der Kardamom, der Chili und die Vanille :o)

      Das Blog gefällt mir auch ganz gut, wobei ich den Feed und das Impressum ans Ende setzen würde. Bei den Kochrezepten (wenn sie schon alphabetisch geordnet sind) würde eine horizontale Buchstabenleiste verhindern, dass man viel scrollen muss.

      Chefkoch.de finde ich hingegen ganz gut. Viele meiner Lieblingsrezepte habe ich dort gefunden. Aber das soll jeder halten, wie er mag.

      Gruss

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  2. Ich persönlich gönne jedem jeden Werbe-Euro und würde vor so manchem Angebot selbst nicht zurückschrecken. 😉
    Bei Schuhbeck ist die Crux wohl eher die ständige Arroganz, mit der er seinen Kräuterbauchladen vor sich herträgt. Dazu das Fiasko mit dem völlig überteuerten Wasser, das sich „Champignoncremesuppe“ oder wie auch immer nennt und das öffentliche Abwatschen von Kolleginnen und Kollegen. Das nehmen ihm die Verbraucher halt langsam übel und wie ich finde, völlig zu Recht.

    Wenn man zu lange Wasser predigt und Wein trinkt wird man unglaubwürdig und an diesem Punkt ist er meines Erachtens schon lange angekommen. Dass jetzt die Foodblogger-Volksseele kocht wird ihn nicht so ganz kalt lassen, nicht umsonst treibt sich jetzt ständig jemand vom Schuhbeck auf meiner Blogseite herum. Allerdings ist die Aufregung außerhalb dieser „Szene“ sicher vergleichsweise gering. Wir, die wir uns öffentlich mit gutem Essen beschäftigen kreisen da viel zu sehr um uns selbst und nehmen uns halt sehr wichtig. Lieschen Müller wird´s nicht interssieren, da hast Du schon Recht. Leider.

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    • Oh mein Gott … ich wurde geadelt. Arthurs Tochter persönlich (oder jemand in ihrem Namen ;-)) verewigt sich auf meinem Blog. Ich verneige mich erstmal, so tief es die kaputten Knie zulassen.

      Okay where is the Beef?
      Diese Arroganz vom Schuhbeck, ich glaube das ist das, was seine Fans auch so an ihm mögen. Sie würden das natürlich niemals als Arroganz bezeichen. Vielleicht eher so als „gerade heraus“ und „lässt sich nicht verbiegen“ bzw. „wer es kann, darf schon mal was sagen“.

      Mir persönlich geht das öffentlich zelebrierte Abwatschen der lieben Kollegen schon lange auf den Docht. Das hätte er nicht nötig. Aber so manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass die Kollegen das in Kauf nehmen – weil, letztlich geht es wirklich nur darum, den Namen bekannt zu machen. Nach dem Motto: any news is good news.

      Mich würde jetzt aber interessieren, wer sich da „vom Schuhbeck“ auf Ihrer Webseite herumtreibt und wie sich das auswirkt. Bezahlt der Fonsi Web-Detektive, die in der Sphäre nach dem Rechten sehen? Ich meine, so langsam dürfte ja auch der Rechtsstreit um die Domain schuhbeck.com durch die Food-Blogger Szene gegangen sein ..

      Gruss

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  3. 😉
    Ich schreibe immer noch persönlich! 🙂 Aber vielleicht lasse ich das mal irgendwann jemanden machen, so wie der Schuhbeck Suppen kochen lässt. 🙂

    Vom Rechtsstreit um die Domain habe ich erst heute morgen erfahren, irgendwie war ich wohl doch hinterm (Wein)Berg. Allein – der Streit wundert mich nicht, irgendwie. Alles andere haben wir ja bereits per mail besprochen. 😉

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  4. Lieber Lars,

    am Ende Ihres Blogs listen Sie in der Auswahl von Blogartikeln über Schuhbeck auch den Link auf meine Zeichnung „Dialog von Forelle und Windbeutel“ auf.

    Der besseren Einordnung wegen, weise ich darauf hin, dass diese Zeichnung schon vor Schuhbecks (ich nenne ihn auch gerne den kargen Alfons) Engagement für die Fastfoodkette entstand:
    Weit vor der 43. Woche (ende Oktober) diesen Jahres. Ich schätze im Sommer.

    Mit wohlwollendem Gruß

    Knechtinger Schorsch

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  5. Ein guter Artikel der sich objektiv mit dem Thema auseinandersetzt!

    Dennoch kann ich der Argumentation nicht ganz folgen. Natürlich ist es logisch wenn eine bekannte – und anerkannte – Person sich ein Zusatzeinkommen durch die werbewirksame Verwertung des eigenen Namens verschafft. Das würde jeder machen, jawohl.

    Nun kommt das aber: Es macht einen großen Unterschied ob ein Fernsehkoch für Kochgeschirr (Fall Lafer) wirbt – oder ein selbsternannter Kochpabst, der mit dem ihr-ernährt-euch-nicht-gesund-Finger jahrelang auf alle anderen zeigte, auf einmal Produkte von McD anpreist.

    Für mich hat diese Person dadurch jedwede Glaubhaftigkeit verloren und das ist im Grunde auch die Aussage der zitierten Blogs. Hier geht es nicht darum, dass Schuhbeck Werbung macht, es geht auch nicht darum ob und wie schlecht McD-Essen im Allgemeinen ist, sondern dass ein selbsternannter Kochheiliger gerade einen moralischen Selbstmord vollzogen hat.

    Oder wie soll man sonst die Tatsache beschreiben, dass er das, wass er die ganzen Jahre verteufelt und als ekelhaft bezeichnet hat, jetzt unter seinem Namen anpreist?

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    • Auf Ihre letzte Frage hin: Das würde ich in diesem Fall (Evangelist für gesundes Essen macht McDonalds Werbung) als Selbstironie des Herrn Schuhbeck deuten. Wahrscheinlich findet er diesen Widerspruch sogar witzig. Ähnlich wie der neue Grammy Preisträger Steve Jobs, der die Welt revolutionieren wollte und aber seine teuren Schnöselprodukte zu den miesesten Arbeitsbedingungen in Asien zusammenschrauben lässt.

      Der Unterschied, ob ein Herr Lafer für Kochgeschirr (was er selbst benutzt? Oder möchte er uns dies nur weismachen?) oder ein Herr Schuhbeck für McDonalds, eine Frau Poletto für Herta Fleischwurst und ein Herr Herrmann für Knorr Suppen wirbt, ist meiner Meinung nach geringer als es Ihnen erscheinen mag.
      Ich zumindest sehe es als „Job“ den die Leute machen und von dem Sie sich hoffentlich selbst im Inneren distanzieren. Sollte der Schuhbeck wirklich an das Geschmackserlebnis seines Apfelburgers glauben, falle ich wirklich vom Glauben ab. Jahrelanger, kritischer Konsum von Werbung hat mich zu der Überzeugung gebracht, dass kein Engagement für ein Bezahlprodukt aus ehrlicher Überzeugung und hehrer Motivation erfolgen kann.

      Ich habe auch mit der Aussage des von mir zitierten Blogs kein Problem. In der Sache bin ich ja ganz bei ihm. Ich habe nur versucht, die Geschichte mal von einer anderen Perspektive aus niederzuschreiben und den Grad der Empörung etwas zu relativieren. Daraus ergeben sich ja die schönsten Kontroversen und interessantesten Denkanstöße.

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