Lanz kocht … die Sendung tot

Diese Sendung („Lanz kocht“ im ZDF) wird von Mal zu Mal bescheidener. Meine Güte, warum muß man ohne Not ein eigentlich erfolgreiches Konzept so gegen die Wand fahren. Oder steckt da System dahinter ?

Dieses Sendeformat war doch mal recht brauchbar. Ein Moderator, ein Publikum und eine Handvoll Leute, die vorgeblich kochen können.  Jetzt scheint man der Meinung zu sein, die Sendung wäre auf hohem Niveau etabliert und ein Selbstläufer.

Der Moderator

Alles fing damit an, daß der Erfinder, Moderator und Gelegenheitsjournalist, Johannes Baptiste Kerner, keinen Bock mehr hatte, wöchentlich seinen Probierlöffel in die Töpfe und Pfannen zu tunken. Offiziell hieß es, Herr Kerner gibt die Moderation ab, da mit der Überbelastung Fussball EM und Olympia in einem Jahr nicht auch noch eine Kochsendung zu vereinbaren sei. Gut, als Fussballkomentator brauche ich ihn jetzt auch nicht unbedingt, aber beide Events sind ja nun einmal vorbei – und Herr Kerner wurde in seiner alten Sendung nicht mehr gesehen …
Nicht, daß ich jetzt dem Verklärungsvirus anheim fallen und behaupten würde: bei Kerner war alles besser! Das war es weiß Gott nicht, aber es hatte seine Grenzen. Aber seit „Dressman“ Markus Lanz durch die Sendung „führt“ (hier fiel mir kein passender Begriff ein), herrscht jeden Freitagabend Kindergeburtstag. Leider nur mit den Negativerscheinungen eines sonst ganz unterhaltsamen Veranstaltungstyps. Das führt mittlerweile sogar schon soweit, daß die Köche ihren Moderator daran erinnern müssen, daß es sich um eine Kochsendung handelt – sobald sich Lanz mal wieder im themenfremden Geschwafel verheddert.
Wenn er wenigstens das könnte. Locker mit den Gästen plaudern und die Aufmerksamkeit dabei auf den Kochvorgang und die Gerichte lenken. Stattdessen hält er sich mit dem von Kerner übernommenen Repertoire (das schon zu dessen Zeiten etwas Staub ansetzte) über Wasser. „Schön, daß sie da sind“, „ganz schön trockene Luft hier“ (wahlweise auch „Sekt gefällig ?!“) und „Wer hat Besteck mit ? Sie bekommen nichts !“. Ansonsten ein vorhersehbarer Wechsel zwischen – mal mehr mal weniger gelungenen – Wortspielen, sinnfreien Horst Lichter Witzen und öffentlich zur Schau gestellter Moderationsunfähigkeit. Aber vielleicht ist das ja Teil des Konzepts, daß man den Köchen pausenlos dazwischenredet, sich nichts merkt oder Gespräche mittendrin abbricht. Und irgendwann merkt es auch der letzte Zuschauer: es gibt unterschiedliche Mundarten und Dialekte in Deutschland! Und ja, im Fränkischen wird nur zwischen einem harten B / weichen B, harten D / weichen D und harten G / weichen G unterschieden. Man muß also nicht permanent darauf hinweisen, daß ein Alexander Herrmann ein „Rodde Beedde Risoddo“ kocht.

Die Köche

Auch bei der Auswahl der Köche und Köchinnen sollte sich dringend etwas ändern. Natürlich, ob man einen Koch sehen möchte oder nicht, dass ist eine sehr subjektive Entscheidung; aber zu speziellen Themensendungen gezielt die falschen Köche einladen – das ist schon eine beachtliche Leistung. Oder wie ist es sonst zu erklären, daß in einer „rund um Käse“ Sendung ein erwiesener Käsehasser eingeladen wird ?
Dann diese Konstellationen, von denen man weiß, das geht nie und nimmer gut. Beziehungsweise Zwei, die schon dreimal in der Woche in anderen Sendungen zusammen kochen – muss ich die jetzt noch einmal im Doppel ertragen?
Einem Alfons Schuhbeck („der weiße Riese“) muß man einfach einen gleichwertigen Gegenpart bieten, sonst quatscht der Mann alles und jeden tot. Wobei das schwierig wird, man weiß schliesslich nicht, ob der Mann überhaupt jemand anderen auf seinem Niveau sieht. Außerdem könnte mal geprüft werden, ob der ganze Schmonzes, den er zu seinen Gewürzen und Kräutern ablässt, einen wie auch immer gearteten Wahrheitsgehalt aufweist. Sie wissen schon: „Untersuchungen haben ergeben, daß in 87 % der Fälle, eine Verwendung von Ingwer in Kombination mit Petersilie die Wirkung von Salbei um 23 % steigert …“ Aber nur, wenn Sie die bei Schuhbecks Gewürzladen kaufen.
Nicht falsch verstehen, der Mann kann kochen. Aber ob er für so ein Format unbedingt geeignet ist, da habe ich Zweifel.

Was mich auch seit längerem stört, sind diese Themensendungen. Nicht die Idee an sich, die halte ich für sehr gut. Aber scheinbar wird den Köchen das Motto nicht rechtzeitig mitgeteilt oder sie unterlaufen es absichtlich. Also irgendwas läuft da in den meisten Fällen schief. In der Folge „klassische Sonntagsgerichte“ präsentierte nur ein Koch mit Klößen und Sauerbraten etwas, was ich zu 100 % mit dem Motto identifiziere. Es gibt weitere Beispiele; es läßt sich alles im Online-Archiv des ZDF nachlesen.
Nun kann man gern darüber streiten, aus welchen Gründen die Leute nun genau jenes Rezept gewählt haben und welche Zielgruppe angesprochen wird bzw. was der Künstler damit ausdrücken wollte – aber ein wenig Deckungsgleichheit sollte nicht zuviel verlangt sein. Ich habe es da einfach, ich brauche diese Rezepte und Gerichte nicht unbedingt, um zu wissen, was am nächsten Tag gekocht werden soll. Ich will ein paar Ideen und Tips abgreifen und ansonsten gut unterhalten werden. Denn letzten Endes ist es Entertainment und keine öffentlich rechtliche Kochschule. Aber auch Entertainment sollte einen roten Faden aufweisen und Prinzipien folgen. Sonst wird es schnell unglaubwürdig und beliebig. Ständig wird z.B. auf die Verwendung von saisonalen Produkten hingewiesen, und dann wird mitten im März Spargel (nein, nicht aus dem Glas) und im Dezember Erdbeeren (nein, keine Tieflkühlkost) aufgetisch. Was soll das ?

Abschließender Kritikpunkt und Ausblick

Wer immer auf die Idee mit dem Küchenschlachtgewinner gekommen ist, gehört nachträglich noch geteert und gefedert. Da sollte man eine eigene Sendung draus machen und das bei den Privaten unterbringen. „Deutschland sucht den Küchengladiator“ oder sowas in der Art. Der Gewinner erhält eine komplette Kochausrüstung vom Sponsor.
Bei Kerners bzw. Lanz Köchen hat so ein Hobbykoch aber nichts verloren. Diese Küchenschlachter helfen der Sendung in keinster Weise weiter. Sie wirken fremd und verloren und haben, da es sich selten um Medienprofis handelt, null Ausstrahlung. Was sie kochen, wird meistens höflich und diplomatisch gelobt, interessiert aber niemanden. Dazu müssen sie dann immer artig aufsagen, wie toll es doch ist, einmal mit den Sterneköchen am Herd zu stehen.

Was könnte also helfen ?

  • Auf jeden Fall, die Abschaffung des Küchenschlachtgewinners.
  • Vielleicht auch die Anzahl der Köche reduzieren. Das Gehetze bei den letzten Gängen ist schon auffällig.
  • mehr Themensendungen
  • mehr Abwechslung bei den eingeladenen Köchen und Köchinnen. Kann mir doch keiner sagen, daß nur diese ewig gleichen Gestalten dort kochen können. Dafür gibt es einfach zu viele Spitzenköche und -köchinnen hierzulande, denen man auch eine TV Präsenz zutraut. Oder wollen die nicht ?
  • entweder schickt man Herrn Lanz in eine Moderationsschulung oder wechselt ihn aus

Weiterführendes

Lanz kocht beim ZDF

ZDF Forum zu Lanz kocht

UPDATE: Die Kommentare sind jetzt zu. Nach 8,5 Jahren, die der Artikel nun online ist, war es Zeit, das Ganze mal abzuschließen.
So sehr das Bedürfnis vieler Leute, ihren Senf dazu abgeben zu müssen, für eine wie auch immer geartete „Relevanz“ des Artikels spricht – ich habe zwischendurch tatsächlich den ein oder anderen Beitrag veröffentlicht, der es ebenso verdient, beachtet zu werden. Und nicht immer nur die ollen Kamellen von früher, in denen eine mehr oder minder bekannte Quasselstrippe des Staatsfernsehens Kochen für Doofe vorführt.